In Johannesburg hat im August die größte Staatenkonferenz der Geschichte stattgefunden. Der Gipfel hat Fragen in den Mittelpunkt des Weltgeschehens gerückt, die aufgrund ihrer Langfristigkeit und Komplexität trotz ihrer Wichtigkeit in der tagespolitischen Agenda nicht ganz oben stehen. Obwohl die EU sich höhere Ziele gesetzt hat, wurde mit Nachdruck bestätigt, dass es einen breiten Grundkonsens zur Erreichung der zuletzt in der Millenniumserklärung festgehaltenen Entwicklungsziele gibt. Die Armutsbekämpfung und der verantwortliche Umgang mit den natürlichen Ressourcen stehen dabei im Zentrum des globalen Anliegens.
Globale Nachhaltigkeit zu erreichen bedeutet grundsätzlich, den Lebensstandard der in extremer Armut lebenden Menschen zu heben. Der Gipfel hat festgehalten, dass dieses wirtschafts- und entwicklungspolitische Ziel nur im Einklang mit sozialen und ökologischen Verbesserungen zu erreichen sein wird.
Was sind nun die Bedingungen, unter denen wir in den nächsten 20 bis 50 Jahren Entwicklungszusammenarbeit leisten werden? Wir wissen bereits, dass viele unserer Entwicklungspartner in diesem Zeitraum mit Entwaldung, Dürren und Wüstenbildung, gleichzeitig aber auch mit Überschwemmungen und Zerstörung durch extreme Wetterverhältnisse (Hurricanes, El Nino) zu kämpfen haben werden, die ihre landwirtschaftliche Produktion massiv beeinträchtigen. Die Weltbevölkerung wird in diesem Zeitraum weiter auf prognostizierte neun Mrd. Menschen wachsen. Eine neue IIASA-Studie 2) errechnet, dass 40 Entwicklungsländer, in denen heute zwei Mrd. Menschen leben, von denen 450 Millionen unterernährt sind, durch Klimawandel von Hunger bedroht sind.
Wir blicken heute auf eine Situation, in der die negativen Folgen des Klimawandels die Errungenschaften von Entwicklung umkehren und weitere Entwicklung aufgrund der Vernichtung der landwirtschaftlichen Lebensgrundlage massiv beeinträchtigen können.
Ich denke daher, dass es hier nicht um Wahlmöglichkeiten geht. Österreich hat wie die EU das Kyoto-Protokoll ratifiziert, weil wir die Klimaprognosen ernst nehmen. Arme Länder werden vom Klimawandel viel härter betroffen sein als wir. Wir müssen gemeinsam mit unseren Entwicklungspartnern, die soeben begonnen haben, ihre Vulnerabilität gegenüber dem Klimawandel festzustellen, diese Entwicklungsgefahren abschätzen, vorsorgen und vorbeugen.
Die Erreichung der Millenniumsentwicklungsziele ist unsere vorrangige Priorität. Wir werden sie nur erreichen, wenn wir die Gefahren, die dieser Entwicklung entgegenstehen, vorausschauend erkennen und entsprechend handeln. Klimapolitik steht dabei ganz oben auf der globalen „To-Do“-Liste.
Benita Ferrero-Waldner
Es ist ein Faktum, dass die Zahl der Umweltflüchtlinge weltweit ansteigt, Faktum ist auch, dass besonders die Naturkatastrophen durch Trockenheit oder Überschwemmungen über Gebühr zugenommen haben – Erderwärmung und Klimawandel sind eindeutige Ursachen dieser menschengemachten rasanten Veränderungen. Die Menschen der Industriestaaten allerdings tragen dafür die Verantwortung, bei den Treibhausgasen ist es allen voran das Kohlendioxid als Hauptverursacher des Treibhauseffekts: Die Vereinigten Staaten von Amerika verursachen weltweit 36,1 %, die EU (15 Staaten) 24,2 % und Rußland 17,4 % aller CO2-Emissionen. Damit kommt diesen Staaten eine besondere Verantwortung bei der Trendumkehr zu – weg von fossilen Brennstoffen – hin zu nachhaltigen, langfristig tragbaren erneuerbaren Energieträgern. Neben den Neuorientierungen im eigenen Land, wo Wind- und Sonnenenergie, Geothermienutzung oder Biomasse gefördert werden müssen, ist die Chance und Notwendigkeit, in der EZA etwas zu verändern, groß und wichtig.
Beim Weltgipfel in Johannesburg über nachhaltige Entwicklung im August dieses Jahres ist immer wieder betont worden: der Anteil der Armen dieser Welt muss bis 2015 halbiert werden – jedoch bei der Energie-Diskussion sind konkrete Ziele gestrichen worden. Wenn man bedenkt, dass etwa zwei Milliarden Menschen keinen Zugang zu Energienutzung haben, so ist das Ziel, diesen Menschen saubere, erneuerbare und leistbare Energie zur Verfügung zu stellen und andererseits Maßnahmen für eine effizientere Nutzung anzubieten, wahrscheinlich die beste Armutsbekämpfung. In Johannesburg ist leider nach zähen Verhandlungen und auf Drängen der USA das Ziel, 10% des weltweiten Primärenergieangebotes durch neue erneuerbare Energieträger (Großwasserkraftwerke ausgenommen) abzudecken, nicht verabschiedet worden. Dies hindert aber niemand daran, diese Zielsetzung national umzusetzen – seitens der Entwicklungsländer jedenfalls besteht großes Interesse daran. Gerade Österreich hat in diesem Zusammenhang viel Know-How anzubieten, es bleibt nur zu hoffen, dass diesem ebenso viel politisches Interesse folgt und prioritär viele EZA-Projekte in Erreichung des 0,7 %-Zieles zur Armutsbekämpfung und besseren Energieversorgung initiiert werden. Dazu bräuchte es aber nicht nur eine klare Schwerpunktsetzung, sondern auch eine finanzielle Sonderdotation, ähnlich wie nach Rio 1992 für den Tropenwald – die Schaffung eines Ressourcenfonds in der Höhe von drei Mio. _ jährlich.
Gerald Dick
1) In An dieser Stelle im SÜDWIND-Magazin werden aktuelle entwicklungspolitisch relevante Fragen gestellt. Antworten geben die politisch für Entwicklungszusammenarbeit verantwortliche Außenministerin Ferrero-Waldner sowie vom SÜDWIND eingeladene ExpertInnen.
2) Global Agro-ecological Assessment for Agriculture in the 21st Century, Fischer, Shah, van Velthuizen, Nachtergaele, IIASA 2002.